In vielen alten Schlössern, Kirchen oder Klöstern sorgen die prachtvollen Stuckdecken oftmals für Genickstarre bei den Besuchern. Ist die plastische Ausgestaltung von Wänden, Decken und Säulen doch nicht weniger kunstvoll als die ausgestellten Gemälde, Möbel oder Gegenstände. Mit dem 70-jährigen Wim Nijkamp und seinem Berufskollegen Wieylly Wichers sind von Samstag, 8., bis Montag, 10. Juni, erstmals zwei Vertreter der alten Stuckateur-Zunft auf dem Flachsmarkt zu Gast. Sie präsentieren, wie aus Gips reich verzierte Ornamente entstehen.
Seit mehreren Jahren sind die Niederländer auf verschiedenen Märkten vertreten, um das Stuckateurhandwerk zu bewahren und junge Menschen dafür zu begeistern. Nijkamp selbst wurde diese Kunst in die Wiege gelegt. „Bereits mein Vater und Großvater haben als Stuckateure gearbeitet“, berichtet der Niederländer. Und auch Wieylly Wichers hat den Beruf von der Pike auf gelernt. Bereits mit 16 Jahren begann er in diesem Bereich zu arbeiten, hat später die Ausbildung zum Stuckateur absolviert. Mittlerweile hat sich das Berufsbild stark gewandelt, heute sind Stuckateure für den Estrich und den Verputz der Außenfassade verantwortlich.
Auf dem Flachsmarkt aber zeigen Nijkamp und Wichers die traditionelle Handwerkskunst: Das geschickte Modellieren von Gips, das Ziehen von Leisten sowie das Gießen von Ornamenten aus Silikon und flüssigem Kunststoff. „Die Besucher haben auch Gelegenheit, selbst mal eine solche Stuckleiste zu ziehen“, verspricht Wim Nijkamp.
Als Stuck (von ital. stucco) wird die plastische Ausformung von Mörteln aller Art, im Allgemeinen auf verputzten Wänden, Gewölben und Decken bezeichnet.
Seit der Antike ist Stuck eine wichtige Technik für die Gestaltung von Innenräumen und Fassaden. Bereits in vorchristlicher Zeit wurde in der heutigen Türkei Gips zur Innenraumgestaltung verwendet. Seine Blütezeit erlebte das Stuckhandwerk vor allem in den Epochen des Barock und Rokoko, die für opulente und verspielte Dekorationselemente stehen. Nach dem Ersten Weltkrieg verschwanden die Stuckarbeiten aus den Gebäuden. Das ästhetische Empfinden von Architektur hatte sich grundlegend gewandelt, in der Innenraumgestaltung setzte man auf klare Linien und Purismus. Aufwändige Stuckarbeiten wurden als störend empfunden. Nicht zuletzt deshalb wurden viele Altbauten „entstuckt“.