Ob Kleidung, Mobiliar oder Gegenstände des täglichen Bedarfs – in vergangenen Jahrhunderten gab es eine simple Faustregel, die in allen Lebensbereichen Geltung hatte: Je aufwändiger die Verzierung, desto reicher war der Besitzer. „So war auch graviertes Glas anfänglich lediglich den Adelshäusern vorbehalten, erst in den 1950er Jahren hielt derart verziertes Glas Einzug in die bürgerlichen Haushalte“, berichtet Margit Klammer. Wie aus einfachen Glasgegenständen Kunstwerke werden, präsentiert die Glasveredler-Meisterin von Samstag, 8., bis Montag, 10. Juni, erstmals auf dem Flachsmarkt.
„Die Glasgravur ist wie Malen ohne Farbe“, beschreibt die Mettmannerin ihr Handwerk. Allerdings wird dabei keine Substanz aufgetragen. Um dem ebenso zarten wie zerbrechlichen Material Dimension zu verleihen, wird das Glas abgetragen. Je tiefer in das Glas geschliffen wird, desto plastischer wirkt das Motiv. Verschiedene Schleifmaterialien und Polituren zaubern weiße und graue Farbnuancen hervor und ermöglichen so das Spiel mit Licht und Schatten. „Auf diese Weise können sehr detailgetreue Bilder gefertigt werden“, so Margit Klammer, die am liebsten Tiere und florale Motive sowie Schrift graviert.
Zu ihren klassischen Arbeitsbereichen gehören die Wappen- und Jagdgravur sowie die Gravur von Schriften. Früher zählte auch die Glasätzerei dazu, „doch aufgrund gestiegener Sicherheitsauflagen wurde diese weitestgehend von Sandstrahlarbeiten abgelöst“, erläutert Klammer, die in diesem Jahr ihr 35. Berufs- und silbernes Meisterjubiläum feiert.
Ein Berufswunsch, der kreative Freiheit und präzise Handwerkstechnik vereint, führte die 52-Jährige vor 35 Jahren an die Glasfachschule Rheinbach. Hier wollte sie eigentlich eine Ausbildung zur Grafisch Technischen Assistentin machen, warf ihr Vorhaben aber schnell über Bord. Denn an der Fachschule war sie auf die Werkstätten der Glasveredlung aufmerksam geworden und hatte ihr Herz an die Glasgravur verloren: Der Werkstoff Glas faszinierte sie, die filigrane, künstlerische und handwerklich komplexe Arbeit hatte sie in den Bann gezogen. „Freihand- und Entwurfszeichen sowie Schrift waren zudem ein großartiger Ersatz für die üblichen Schulfächer“, schmunzelt die Glasveredlerin, die ihre Berufswahl nie bereut hat.
Den Flachsmarktbesuchern bringt Margit Klammer ihre neu entwickelten Gartenstecker, ausgefallene Vasen, illuminierte Glasobjekte mit Motiven aus der Fabelwelt sowie Karaffen, Krüge und Schalen mit. Auch Fensterbilder in verschiedenen Größen werden an ihrem Stand zu finden sein. Aus Marmeladengläsern fertigt sie Windlichte mit verspielten Motiven, ihr persönlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit. Für die kleinen Besucher hält sie Motivgläser, für die größeren Glasherzen mit Sinnsprüchen bereit.