Fabienne von der Hocht ist Grenzgängerin. Jeden Tag verbringt die 24-Jährige als Kirchenmalerin mit Meistertitel zwischen Vergangenheit und Moderne. Lange hat sich die junge Krefelderin nicht träumen lassen, dieses ebenso alte wie mittlerweile selten gewordene Handwerk zu erlernen. Ein familiärer Zufall hat der 24-Jährigen, die ihre Kunst auf dem Krefelder Flachsmarkt präsentiert, zu ihrem Traumberuf verholfen.
Ärztin, Lehrerin oder Polizistin stehen bei Mädchen nach wie vor ganz oben auf der Hitliste der Wunschberufe. Aber ausgerechnet Kirchenmalerin? Zugegeben: So ganz fremd war der frisch gebackenen Kirchenmalermeisterin das Handwerk nicht. Schließlich ist sie quasi in der Werkstatt des elterlichen Malerbetriebs aufgewachsen. Ein Unternehmen mit langer Tradition. „Mein Großvater erhielt damals eine Einladung zur Kirchenmalertagung, war allerdings zu diesem Termin verhindert“, erinnert sich Fabienne von der Hocht. So habe sie damals im Internet zum Thema Kirchenmalerhandwerk recherchiert und sei kurzerhand statt des Großvaters mit ihrem Vater nach München geflogen. „Auf der Tagung habe ich dann meinen späteren Chef kennengelernt“, schmunzelt Fabienne.
In ihrer Ausbildung hat die junge Krefelderin von der Pike auf gelernt, was Handwerker des Fachs früher meisterhaft beherrschten. Handwerkliches Wissen, das heute droht, verloren zu gehen. So weiß die Kirchenmalermeisterin, mit welchen Techniken man beispielsweise die Illusion von Holz (Maserierung) oder Marmor (Marmorierung) erschafft. Sie versteht sich auf die verschiedenen Vergoldungstechniken wie Polimentglanz- und -mattvergoldung, Ölvergoldung, Radierung und Gravur. Außerdem Schrift (frei Hand mit dem Pinsel), Graumalerei/Illusionsmalerei und vieles mehr…
Mittlerweile hat sich Fabienne von der Hocht auf die Restaurierung von Kirchenraumschalen (Wänden und Decken), Kirchenausstattung, Rahmen, Möbel und Figuren spezialisiert. Zudem bietet sie innovative Oberflächengestaltungen für den privaten Wohnraum an. Bestes Beispiel dafür, wie uralte Handwerkskunst zeitgemäß interpretiert werden kann. „Ich möchte das historische Wissen in die Moderne übertragen“, betont die 24-Jährige.
Den Besuchern auf Burg Linn zeigt sie alte Schmucktechniken wie Vergolden, Maserieren oder Marmorieren. Außerdem beweist sie, dass sie das historische Handwerk durchaus in die Gegenwart geführt hat: Mit dabei hat sie unter anderem auch moderne Skulpturen.